Die Sitz(verlegung) des Unternehmens

Jedes Unternehmen hat einen Gesellschaftssitz. Der Gesellschaftssitz bestimmt die offizielle Sprache der Gesellschaft und kann jederzeit verlegt werden. Der Gesellschafts- bzw. Satzungssitz ist nicht derselbe wie der tatsächliche Sitz.

„Sitzlehre“

Zunächst müssen wir zwischen dem Gesellschafts- oder statutarischen Sitz, der in der Satzung angegeben wird, einerseits und den tatsächlichen Sitz andererseits unterscheiden.
Der tatsächliche Sitz bzw. die Hauptniederlassung des Unternehmens ist der Ort, in dem die Leitung des Unternehmens zusammenkommt. M. a. W. der Ort, an dem die Sitzungen der Gremien stattfinden wie der Ort, an dem der Geschäftsführer sein Büro hat und/oder die Hauptversammlung abgehalten wird. Ein anderes wichtiges Kriterium ist der Ort, an dem die Verwaltungsdienstleistungen (wie die Buchführung, Protokolle, Aktionärsregister und Archive) des Unternehmens untergebracht sind.

In Belgien wird die sogenannte „Sitzlehre“ angewandt, wobei man den statutarischen Sitz berücksichtigt, allerdings mit der Vermutung, dass der statutarische Sitz mit dem tatsächlichen Sitz übereinstimmt.

Der Ort des Sitzes ist für die Sprache der Satzung des Unternehmens relevant. Zur Verdeutlichung: Unternehmen mit einem Sitz in Flandern sind verpflichtet, ihre Satzung auf Niederländisch aufzusetzen; Unternehmen, die ihren Sitz in Wallonien haben, sind verpflichtet, ihre Satzung auf Französisch aufzusetzen; und Unternehmen in der Hauptstadtregion Brüssel haben die Wahl zwischen einer niederländischen, französischen oder zweisprachigen Satzung. Wenn der Sitz des Unternehmens verlegt wird, muss das Unternehmen demzufolge seine Satzung anpassen.

Sitzverlegung in Belgien innerhalb des Sprachgebiets

Der Beschluss zur Sitzverlegung innerhalb desselben Sprachgebiets kann mit einem einfachen Beschluss des Verwaltungsgremiums gefasst werden, unter der Bedingung, dass dies in der Satzung vorgesehen ist. Die Satzung wird dann nicht grundsätzlich angepasst und es ist keine Satzungsänderung erforderlich. Der Beschluss muss anschließend in den Beilagen des Belgischen Staatsblatts veröffentlicht werden. Der Beschluss kann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt in die Satzung aufgenommen werden.

Sitzverlegung in Belgien außerhalb des Sprachgebiets

Weil die offiziellen Schriftstücke des Unternehmens in der Sprache des Gerichtsbezirks aufgesetzt werden, in welchem das Unternehmen niedergelassen ist, ist eine Satzungsänderung erforderlich, wenn der Gesellschaftssitz des Unternehmens in ein anderes Sprachgebiet verlegt wird. Nur die Aktionäre oder die Teilhaber können die Sitzverlegung in ein anderes Sprachgebiet beschließen, nicht das Verwaltungsgremium. Schließlich ist nur die (außerordentliche) Hauptversammlung berechtigt, um Änderungen der Satzung vorzunehmen. Auch von diesen Protokollen muss ein Auszug in den Beilagen zum Belgischen Staatsblatt veröffentlicht werden.

Von der Gesellschaftsform des Unternehmens hängt es ab, ob ein Beschluss durch eine private Urkunde ausreicht (für OHG, KG, Gen.mubH) oder eine authentische Urkunde eines Notars erforderlich ist (für GmbH, Gen.mbH, AG, KGaA).

Sitzverlegung außerhalb der Landesgrenzen

Im Fall einer grenzüberschreitenden (internationalen) Sitzverlegung unterscheiden wir zwei Ansätze.

Aufgrund der tatsächlichen Sitzlehre, die in den meisten europäischen Ländern, darunter Belgien, angewandt wird, unterliegt eine juristische Person dem Körperschaftsrecht des Landes, in welchem ihr wichtigstes Entscheidungszentrum (Hauptniederlassung) liegt.

Aufgrund der Inkorporationslehre wird das Unternehmen vom Körperschaftsrecht des Landes der Gründung beherrscht. In diesem Fall ist der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens nicht relevant. Diese Auffassung findet u. a. in Großbritannien und den Niederlanden Anwendung.