Planen Sie den Besuch der Steuerverwaltung

Unternehmer haben immer mehr mit einer Fülle an Verwaltungsaufgaben zu tun: Zulassungen, Versicherungen, Steuer… Die Steuerbehörde wird oft als die lästigste Partei gesehen. Dennoch ist es wichtig, dass Sie Ihre Dinge in Ordnung halten, weil es ansonsten schon sehr schnell schief laufen kann. Schreiben Sie ein Szenario für einen unerwarteten Besuch!

Sachverhalt

Eine Veranschaulichung eines Fehlschlags: im Oktober 2018 stattet die Besondere Steuerinspektion (BSI) mit der Genehmigung des Richters einen unerwarteten Besuch am Verwaltungssitz eines Möbelunternehmens ab. Sie findet dort Bestell- und Lieferscheine für Waren vor, die zwischen dem 1. Januar 2016 und 30. September 2018 bestellt und geliefert wurden, aber für die es keine Verkaufsrechnung im Verkaufstagebuch des Unternehmens gibt.
Die BSI nimmt die buchhalterischen Unterlagen und Ringordner mit, kopiert die elektronischen Daten und nimmt Erklärungen der Mitarbeiter, die zu dem Zeitpunkte im Büro beschäftigt sind, entgegen. 

Im Februar 2019 liegt beim Steuerpflichtigen ein Protokoll im Briefkasten. Die Gesellschaft muss 299.534,22 Euro an hinterzogener MwSt. zahlen. Das ist nicht alles: sie schuldet über 640.000 Euro an proportionalen Geldstrafen zuzüglich einer nicht proportionalen Geldstrafe von etwas mehr als netto 40.000 Euro. Insgesamt sind 981.691,68 Euro zu entrichten.

Im März 2022 zieht der Steuerpflichtige vor das erstinstanzliche Gericht von Gent mit als Hauptargument, dass der „Überfall“ der BSI ungesetzlich gewesen sei.

Wer hat die Tür geöffnet?

In erster Instanz macht der Steuerpflichtige geltend, dass derjenige, der die BSI empfing, dazu nicht befugt war.

Wenn die BSI die Klingel betätigt, sieht jeder sich vielleicht nach dem Mitarbeiter mit den längsten Dienstjahren um, aber der ist nicht unbedingt jemand, der das Unternehmen mir nichts dir nichts verpflichten oder vertreten darf. Im vorliegenden Fall befanden sich zwei Gesellschafter auf Geschäftsreise im Ausland, und wurde die BSI von einer Dame, die zu Beginn der Visite erklärte, sie sei die Verantwortliche und die Teilhaberin in Abwesenheit der beiden anderen Gesellschafter, empfangen (Das Urteil ist diesbezüglich nicht sehr deutlich, aber es war wahrscheinlich die Mutter der beiden Teilhaber). Für die BSI war diese Aussage ausreichend. Sie ging davon aus, dass die Dame die notwendigen Befugnisse besaß und sie mit der Ermittlung beginnen konnte.

Die Dame gewährte den Beamten Zugang zu den Diensträumen, legt die angeforderten Schriftstücke vor und unterzeichnete des Untersuchungsprotokoll.

Weil die Dame sich als die Befugte vorgestellt hatte, ist die Untersuchung in diesem Punkt gesetzlich verlaufen, so der Genter Richter.
Selbst wenn die betreffende Dame zu keinem Zeitpunkte belegt hatte, dass sie wirklich zuständig war. Zudem hatte die BSI zu keinem Zeitpunkt sie gebeten, nachzuweisen, dass sie befugt war. Dies war laut dem Richter auch nicht nötig.

„Phishing-Expedition“

Das zweite Argument des Steuerpflichtigen lautet, die BSI sei nur zufällig vorbeigekommen, um nach Übertretungen zu forschen, ohne dass es dazu einen Anlass gab. Es handelte sich seiner Meinung nach um eine „außerverhältnismäßige Phishing-Expedition“. Beim Besuch ist kein Wort über den Sinn und Zweck der Untersuchungen und über den geprüften Zeitraum gefallen.

Das Gericht ist aber der Ansicht, dass die MwSt.-Verwaltung breite Untersuchungsbefugnisse hat. Die Verwaltung darf vor Ort alle Bücher und Unterlagen untersuchen, die Zuverlässigkeit der digitalen Informationen, die Daten und Verarbeitungen sowie die Art und den Umfang der beruflichen Tätigkeiten sowie das dazu bereitgestellte Personal prüfen. Es hat keinen Sinn, derartige breite Befugnisse im Gesetz zu verankern, wenn der Steuerpflichtige bestimmen darf, was die BSI sehen darf und was nicht. 

Der Steuerpflichtige hat dennoch das Recht, sich gegen die Einsichtnahme zu wehren. Die Steuerverwaltung muss dann weitere gerichtliche Schritte unternehmen. Wenn er, wie in diesem Fall, mit der Verwaltung zusammenarbeitet und sich der Prüfung nicht widersetzt, ist die Untersuchung perfekt rechtmäßig.

Die BSI hat hier einen Besuch erstattet, um den steuerlichen Stand zu prüfen. Sie hat dabei lediglich ihre gesetzlichen Untersuchungsbefugnisse geltend gemacht.

Kopieren von Rechnerdateien

Während der Prüfung hatte die BSI eine vollständige Kopie der Rechnerdateien angefertigt. Sie hat vielleicht auch Dateien kopiert, die zur Privatsphäre der Betreffenden gehörten, wie beispielsweise E-Mails.

Doch der Richter hat dagegen erneut nichts einzuwenden. An jedem Laptop vor Ort alles in Privates und Berufliches aufzuteilen, war unmöglich. Die Anfertigung von vollständigen Kopien des Servers war hier also eine verhältnismäßige Maßnahme. Außerdem weist nichts darauf hin, dass die BSI die privaten Dateien für eine Steuerveranlagung verwendet haben soll.

Vergebliches Schlussplädoyer

Der Steuerpflichtige bittet schließlich um eine Strafmilderung. Ein Strafgeld von 200 % der hinterzogenen Beträge ist in der Tat möglich bei ausbleibenden Rechnungen, ist aber auch die höchstmögliche Geldstrafe.

Der Richter denkt hingegen, dass der Sachverhalt und die Umstände auf einen systematischen Steuerbetrug hinweisen und bestätigt die Höhe der Geldstrafe.

Lektionen gelernt

Natürlich ist die Botschaft nicht, dass Sie bei Steuerbetrug aufpassen müssen… Steuerbetrug wird schwer bestraft. Die Botschaft lautet eher, dass Sie, ein wenig wie beim Brandschutz, besser einen Plan haben für den Fall, dass das Steueramt bei Ihnen anklopft:
- Wo befinden sich die Unterlagen, die Sie benötigen?
- Wer ist befugt?
- Was ist mit der Aufteilung in Privates und Berufliches?
Ein unangekündigter Besuch ist niemals der richtige Zeitpunkt und kann beeindruckende Wirkung zeitigen.