Die Wiederaufbaurücklage: steuerliche Speerspitzen für die Zeit nach Corona

Das Parlament verabschiedete Mitte November eine Maßnahme, die es Betrieben erlauben muss, um nach der Coronakrise die finanziellen Rücklagen wiederaufzubauen. Wenn Sie Gewinne im Betrieb halten, sparen Sie rasch, aber nur kurzfristig, eine Reihe Steuern.

Cash Position oder langfristige Maßnahme

Die Coronamaßnahmen der Regierungen unseres Landes lassen sich in zwei Arten aufschlüsseln. Der erste Maßnahmentyp dient zum Schutz der Cashposition der Unternehmen während des Lockdowns. Ein Beispiel: der Zahlungsaufschub für Steuern aller Art und von Sozialversicherungsbeiträgen. Ebenfalls die retroaktive Verlustrechnung (loss carry back) ist eine solche Maßnahme, die den Aufschub der Steuerzahlungen von 2019 bis auf 2021 ermöglichen. Die neue Regierung beginnt nun auch, den zweiten Typ von Maßnahmen anzuwenden: den Wiederaufbau nach der Coronapandemie. Es geht um eine Reihe Maßnahmen, die Betrieben dabei hilft, möglichst bald wieder zum normalen Geschäft überzugehen. Und wie so häufig ist die Besteuerung das Mittel schlechthin, um dieses Ziel zu verwirklichen.

Langfristig

Der große Unterschied zwischen beiden Maßnahmenarten ist natürlich der Zeitraum, auf den sie sich beziehen. Die Cashposition ist ein akutes, aktuelles Problem, das unmittelbar wirkende Maßnahmen erfordert... die aber nicht zu lange anhalten dürfen. Diese Maßnahmen sind also meistens kurzfristig. Wiederaufbau ist etwas Längerfristiges. Eine typische Folge ist, dass diese letztgenannten Maßnahmen erst in den kommenden Jahren an Fahrt gewinnen.

Die Wiederaufbaurücklage

Die Wiederaufbaurücklage ist eine Maßnahme des zweiten Typus. Das Ziel lautet, die Zahlungsfähigkeit der Gesellschafen wiederherzustellen. Und das Parlament möchte dies tun, indem während drei Besteuerungszeiträume eine “Wiederaufbaurücklage” am Ende des Geschäftsjahres erlaubt wird, die sich auf die Veranlagungsjahre 2022, 2023 oder 2024 bezieht.

Wie wird das funktionieren?  Gesellschaften werden durch die Besteuerung dazu ermutigt, ihre Gewinne ab dem Veranlagungsjahr 2022 nicht auszuschütten, sondern im eigenen Unternehmen zu halten, um auf diese Weise Eigenvermögen wiederherzustellen oder zu steigern;

Ausnahmeregelungen

Es gibt natürlich einige Bedingungen und Ausnahmeregelungen:

Die Wiederaufbaurücklage ist der sogenannten Unantastbarkeitsbedingung unterworfen. Der zurückgelegte Gewinn darf auf keinen Fall ausbezahlt werden, weil er andernfalls besteuert werden kann.

Gesellschaften, die seit dem 12. März 2020 eine Kapitalsenkung oder einen Rückkauf eigener Anteile vornahmen oder Dividenden ausschütteten, haben kein Anrecht auf eine Wiederaufbaurücklage.

Gesellschaften, die in Verbindung mit Steuerparadiesen stehen, sind ausgeschlossen. Es geht dabei um Gesellschaften, die Zahlungen an angeschlossene Gesellschaften mit dem Sitz in einem Steuerparadies verrichten.

Investmentgesellschaften, reglementierte Immobiliengesellschaften und noch einige andere besonderen Gesellschaftsformen sind ebenfalls ausgeschlossen.

Einschränkungen

Die Anlage der Wiederaufbaurücklage ist nicht unbegrenzt.

Die Anlage der Wiederaufbaurücklage wird (jedes Veranlagungsjahr neu) auf den besteuerbaren zurückgelegten Gewinn des steuerbaren Zeitraumes festgelegt, bevor die Rücklage zusammengestellt wird. Der Höchstbetrag, der für ein bestimmtes Buchjahr befreit werden kann, entspricht dem Betrag des Zuwachses der Rücklagen nach deren Angleichung an mehr oder weniger dem Ursprungsstand der Rücklagen und vor der Anlage der Wiederaufbaurücklage.

Die zweite und zweifellos wichtigste Einschränkung: der Höchstbetrag der Wiederaufbaurücklage ist auf den (buchhalterischen) Verlust des Geschäftsjahres mit Abschluss 2020 beschränkt (Gesellschaften, die ihr Buchjahr zwischen 1. Januar und 30. Juni 2020 abschließen, müssen sich für das Geschäftsjahr 2021 entscheiden). Nehmen wir an, dass die Gesellschaft mit 100 Verlust abschließt. Sie darf dann eine Rücklage bilden, die insgesamt (!) nicht mehr als diese 100 beträgt... also nicht jedes Jahr erneut 100.

Schließlich eine dritte Einschränkung: die Wiederaufbaurücklage darf niemals mehr als 20 Millionen Euro betragen.

Das sind die Grenzwerte... Sie brauchen keine Wiederaufbaurücklage aufzubauen, wenn Sie dies nicht wünschen, oder die Rücklage vollständig auszuschöpfen. Wenn Sie abzugsfähige Geschenke oder steuerbefreite Einkommen haben, bringen Sie besser diese in Abzug und benutzen Befreiungen, bevor Sie den steuerlichen Restgewinn über die Wiederaufbaurücklage befreien. Sie haben schließlich drei Jahre, um den Höchstbetrag der Rücklage zu erreichen.

Rücknahme

Die aufgebaute Rücklage wird früher oder später wieder besteuerbar.
Das ist unter anderem der Fall, wenn die Gesellschaft eigene Anteile zurückkauft (in Höhe des Einkaufswertes), Dividenden ausschüttet (in Höhe des Betrages der Dividende) oder eine Herabsetzung des Kapitals vornimmt (in Höhe des Betrages der betreffenden Kapitalherabsetzung).

Die Steuerbefreiung ist ferner ebenfalls an eine Beschäftigungsbedingung gekoppelt. Die Beschäftigung wird “gemessen”, nicht an der Anzahl Köpfe, sondern durch die Untersuchung der Lohnmasse. Der Ausgangspunkt ist der Betrag unter dem Buchhaltungsposten “620 Gehälter und unmittelbare sozialrechtliche Vorteile” im Jahre 2019. Wenn eine Wiederaufbaurücklage angelegt wird, muss jedesmal untersucht werden, ob der Betrag der Entlohnungen im Jahr der Anlage der Wiederaufbaurücklage nicht unter 85 % der Situation im Jahre 2019 liegt.

Ein Beispiel

Nehmen wir an, der Posten “620 Entlohnungen und unmittelbare sozialrechtliche Vorteile” beläuft sich im Jahre 2019 auf 100.000 Euro. Der Ausgangspunkt oder die Schwelle für die Beschäftigungsbedingung liegt demnach bei 85.000 Euro. Im Buchjahr 2021 legt die Gesellschaft eine steuerfreie Rücklage von 200.000 Euro an. Der Posten 620 beträgt immer noch 100.000 Euro.

Für das Buchjahr 2022 fällt dieser Betrag auf 80.000 Euro (mit anderen Worten unter 85 % des Standes im Jahre 2019). Somit wird die im Jahre 2021 angelegte Wiederaufbaurücklage erneut mit 5.000 Euro besteuert, mit anderen Worten der Differenz zwischen dem Posten 620 im Jahre 2022 (80.000 Euro) und dem Ausgangspunkt (85.000 Euro).

Nehmen wir an, dass im Geschäftsjahr 2023 die Lohnlast unter dem Posten 620 (und folglich die Beschäftigung) noch weiter auf 70.000 Euro fällt. Dann werden weitere 10.000 Euro besteuerbar (Ausgangspunkt (85.000) minus heutiger Stand (70.000 Euro), wofür bereits 5.000 Euro Steuern bezahlt wurden).

Die Besteuerbarkeit kann nicht weiter als der Betrag der Wiederaufbaurücklag gehen: Wenn der Rückgang der Lohnlast höher als der Betrag der Wiederaufbaurücklage ist, wird diese Wiederaufbaurücklage vollständig besteuerbar, nicht mehr und nicht weniger.

Die Gewinnrücklagen werden besteuerbar, wenn Sie die Gewinne ausschütten. Letzten Endes werden bei der Auflösung der Gesellschaft, die bis dato noch nicht erhobenen Steuern dennoch geschuldet werden.

Die Wiederaufbaurücklage bietet sicherlich Möglichkeiten für bestimmte Gesellschaften, doch unter strengen Bedingungen. Vielleicht machen nicht alle Teilhaber dies mit. Gesellschaften, die im Geschäftsjahr 2020 den Kopf über Wasser haben (und keine Verluste einfahren), können keine steuerbefreite Wiederaufbaurücklage anlegen.