Der Fiskus darf auch mal Fehler machen

Als Steuerpflichtiger müssen Sie im Prinzip darauf achten, dass Sie Steuerunterlagen wie Anträge, Erklärungen, Beschwerden usw. rechtzeitig dem richtigen Dienst vorlegen. Ein verpasster Termin ist unwiderruflich, doch ein Dokument an den verkehrten Dienst schicken, dies kann in vielen Fällen noch berichtigt werden. Aber auch der Fiskus darf derartige Fehler machen.

Fakten

Ein Steuerpflichtiger hatte vergessen, seine Erklärungen rechtzeitig oder korrekt einzureichen. Der Fiskus besteuerte ihn ausgehend von den Daten, die er hatte. Der Regionaldirektor gab dem Steuerpflichtigen Recht und entschied, die Veranlagung erneut zu tätigen, dann jedoch auf Basis besserer Informationen.

Der Steuerpflichtige war damit nicht einverstanden und ging vor den Richter, der ihm aber Unrecht gab. Die Steuerverwaltung schickte also eine neue Veranlagung. Der Steuerpflichtige ging erneut vor den Richter, doch dieser Richter entschied, dass die Frist für die Forderung verstrichen war, und verwarf daraufhin den Antrag.

Den Rechtsanwalt vergessen

Es schien jedoch so, dass der Steuerpflichtige darum gebeten hatte, den regionalen Entscheid nicht nur ihm zuzustellen, sondern auch seinem Rechtsberater. Laut einer internen Regel der Steuerverwaltung ist es so, dass, wenn der Steuerpflichtige von einem Rechtsberater vertreten wird, dieser eine Kopie der Entscheide erhält. Dies war in dem Fall nicht geschehen. Der Steuerpflichtige hatte zwar den Entscheid erhalten, der Anwalt nicht. Laut ihm hatte die Frist für die Forderung deshalb auch noch überhaupt nicht angefangen.

In der Vergangenheit wurden diese Angelegenheiten noch vor Gericht gebracht, doch die Frage wurde nie so deutlich geklärt wie in diesem Fall. Darf ein Steuerpflichtiger damit rechnen, dass sein Anwalt, der ihn bis dato noch immer rechtlich vertreten hatte, eine Kopie sämtlicher Entscheidungen erhält, damit er gemäß seinem allgemeinen Mandat das Notwendige veranlassen kann, um die Interessen seines Klienten zu beherzigen?

Ordentliche Verwaltung

Es ist die Rede von ordentlicher Verwaltung, wenn Ämter (Steuerverwaltung oder eine andere behördliche Instanz) durch eine bestimmte Haltung bestimmte Erwartungen hervorruft. Dies wird seit Jahren in der Rechtslehre und Rechtsprechung debattiert. Der Kassationshof vertritt im Allgemeinen die Meinung, dass der „Legalitätsgrundsatz“ Vorrang gegenüber den Prinzipien der ordentlichen Verwaltung hat. Eine ungesetzliche Haltung kann nicht rechtschaffenen Erwartungen beim Bürger führen.

Diese Diskussion ist hier, streng genommen, irrelevant: die Steuerverwaltung hat in ihre eigenen Regelungen den Grundsatz aufgenommen, dass der Rechtsberater eines Steuerpflichtigen auch die Beschlüsse empfängt. Dies ist nicht contra legem. Die Steuerverwaltung hatte sich immer daran gehalten, doch in diesem einen Fall nicht mehr. Ist dies eine Verletzung der Regeln der ordentlichen Verwaltung?

Eigenverantwortung

Der Kassationshof ist nicht überzeugt.
Der Umstand, dass die Steuerverwaltung im Widerspruch zu ihren eigenen Regeln den Anwalt des Steuerpflichtigen nicht über die Entscheidung der Direktion informiert hat, befreit den Steuerpflichtigen nicht von der Pflicht, dafür zu sorgen, dass seine Interessen innerhalb der gesetzlichen Fristen verteidigt werden.

Sie dürfen folglich nicht blindlings darauf bauen, dass Ihr Anwalt die Unterlagen erhalten hat und das Nötige tun wird, um Ihre Interessen zu verteidigen. Bei derartigen Mitteilungen tun Sie jedenfalls gut daran, möglichst bald mit Ihrem Rechtsanwalt in Kontakt zu treten, um die weiteren Schritte zu vereinbaren. Die steuerlichen Fristen sind von größter Wichtigkeit. Der Fiskus kennt in diesem Punkt kein Pardon. Auch wenn der Fiskus... selbst einen Fehler gemacht hat.