Brexit: neue Situationen im Bereich der MwSt.

Das Thema ist, auch wegen des Coronavirus, aus den Nachrichten verschwunden. Der Brexit ist jedoch Fakt und wird in naher Zukunft noch einige Folgen haben... unter anderem im Bereich der MwSt.

1. Januar 2021

Das Vereinigte Königreich trat am 31. Januar 2020 aus der EU aus. Es gibt aber eine Übergangsregelung. Obwohl diese Regelung in erster Instanz dazu dient, ein Handelsabkommen zu schließen, gewährt sie Kaufleuten in der EU und im VK einige Monate Zeit zur Vorbereitung auf die Einrichtung einer neuen Grenze. Diese ist selbstverständlich die einschneidendste Folge des Brexits: das Ende des freien Warenverkehrs (sowohl auf der Ebene der Verzollung als auch auf der Ebene der MwSt.). Wenn Sie Waren ins VK schicken, ist dies keine innergemeinschaftliche Lieferung mehr, sondern eine Ausfuhr. Einkäufe im VK sind auch nicht mehr innergemeinschaftliche Transaktionen, sondern Einfuhren.

Die Lieferung von Waren

Warenlieferungen an einen steuerpflichtigen Kunden im Vereinigten Königreich (B2B) sind nach dem 1. Januar 2021 Warenausfuhren. In der Praxis ist eine Ausfuhr mehrwertsteuerbefreit, doch dann auf Basis von Artikel 39, §§, 1 und 2 des MwSt.-Rechtes. Dies hat konkrete Folgen für die Informationen, die Ihre Rechnung enthalten muss, und die Codes, die in die MwSt.-Erklärung eingetragen werden müssen.

Beliefern Sie einen Privatkunden im VK (B2C), geht dies nicht mehr im Rahmen des Systems des Fernverkaufs. Es handelt sich nach dem 1. Januar 2021 auch um eine mehrwertsteuerbefreite Warenausfuhr.
Achtung: Es ist noch nicht deutlich, wie das VK die “Einfuhr” von derartigen Waren behandeln wird. Vielleicht wird die MwSt. bei dem Eintritt der Waren ins Vereinigte Königreich geschuldet. Wahrscheinlich gibt es noch weitere Verpflichtungen, die zu diesem Zeitpunkt gelten werden.

Umgekehrt, wenn Sie (als Händler) Waren im VK erwerben, ist die Rede von einer Wareneinfuhr. Einfuhr aus einem Drittland ist der belgischen MwSt. unterworfen, wenn diese Waren in Belgien in den freien Handelsverkehr gebracht werden. Es bestehen Zollregelungen, laut denen nicht sofort die MwSt. geschuldet ist, z.B. wenn Waren in einem Zolldepot zwischengelagert werden.
Die MwSt. ist grundsätzlich vom Kunden zu zahlen, obwohl der Lieferant sich dazu entschließen kann, die Eigenschaft des MwSt.-Schuldners zu übernehmen. Dieser Lieferant (in unserer Hypothese der britische Lieferant) muss sich in Belgien identifizieren (individuelle Identifizierung mit einem haftbaren Stellvertreter oder mittels eines globalen Stellvertreters). Im Falle einer Lieferung mit Installation oder Montage durch oder für die Rechnung des Lieferanten ist dies nämlich verpflichtend.

Erbringung von Dienstleistungen

Im Prinzip wird für Dienstleistungen im B2B-Kontext die MwSt. am Ort der Dienstleistung geschuldet. Wenn ein Dienstleister aus dem VK in Belgien einen Dienst erbringt, ist die belgische MwSt. geschuldet. Für Transportdienste und Dienste in einem B2C-Kontext wenden Sie sich am besten an einen Berater, um die jeweilige Lage zu prüfen. Es gibt zu viele Hypothesen als dass sie in diesem Artikel allesamt behandelt werden könnten.

Die Angabe von innergemeinschaftlichen Handlungen

Alle innergemeinschaftlichen Handlungen bis einschließlich 31. Dezember 2020 müssen wie früher in eine Erklärung der innergemeinschaftlichen Handlungen einfließen. Eine Ihrer Verpflichtungen besteht darin, nachzuprüfen, ob die Gegenpartei im anderen Land (VK) mehrwertsteuerpflichtig ist. Sie prüfen dazu die MwSt.-Nummer innerhalb des europäischen VIES-Systems.
Achtung: ab dem 1. Januar 2021 kann dieses System nicht mehr benutzt werden, um britische MwSt.-Pflichtige zu suchen und zu prüfen. Die Verwaltung empfiehlt daher, entweder Printscreens von jedem VIES-Bildschirm mit den dort abgerufenen und nachgeprüften Informationen Ihres Kunden zu nehmen und mindestens 7 Jahre zu verwahren, oder Zollerklärungen für Waren, die nach dem 31. Dezember 2020 an der Außengrenze mit dem Vereinigten Königreich eintreffen, um von dort aus ausgeführt zu werden, zu beantragen.

Folgen für die Erstattung ausländischer MwSt.

Für Transaktionen in der EU kann die MwSt. über VATREFUND rückgefordert werden, z.B. wenn Sie MwSt. beim Erwerb von Waren in einem anderen EU-Land gezahlt haben. Auch dies wird ab dem 1. April 2021 für Transaktionen mit dem Vereinigten Königreich nicht mehr der Fall sein.
Für Transaktionen im Jahre 2019 müssen Sie Ihren Antrag auf Erstattung der MwSt. spätestens am 30. September 2020 einreichen. Für Transaktionen im Jahre 2020 haben Sie Zeit bis zum 31. März 2021!
Es ist zu erwarten, dass Sie, wenn Sie ab 1. Januar 2021 Waren zur Ausfuhr erwerben, Sie vielleicht im VK eine Befreiung von der örtlichen Verbringungssteuer erhalten (Sie bezahlen zwar die MwSt. bei der Einfuhr nach Belgien). Wie Sie diese Befreiung oder Erstattung erhalten, muss im VK noch festgelegt werden.

Wie hart wird es werden?

Die Übergangsregelung läuft, wie gesagt, bis 31. Dezember 2020, bis eine Vereinbarung über einen neuen Handelsvertrag getroffen ist. Ob Sie es glauben oder nicht, dieser Zeitraum kann einmalig um ein Jahr oder zwei Jahre verlängert werden. Die Entscheidung über einen möglichen Aufschub muss vor dem 1. Juli 2020 getroffen werden. Der britische Premier hat bereits durchblicken lassen, dass kein Aufschub kommt. Die Vergangenheit hat uns jedoch gelehrt, dass eine urplötzliche Wendung im letzten Augenblick nicht auszuschließen ist.