Die Genossenschaft für Freiberufler
Bis zur Einführung des neuen Körperschafts- und Vereinigungsgesetzbuches war die Genossenschaft eine praktische Gesellschaftsform für die Ausübung eines Freiberufes. Das neue Gesetzbuch bietet weitere Möglichkeiten. Mehr noch, es scheint sogar, dass die Genossenschaft für liberale Berufe nicht mehr als Gesellschaftsform gewählt werden darf.
Die alte Genossenschaft (mit oder ohne beschränkte Haftung) bot eine ganze Reihe an Vorteilen. Die Gesellschaft besaß Namensanteile, erforderte mindestens 3 Gesellschafter und konnte mit einem Gesellschaftskapital von 18.550 Euro gestartet werden (mindestens 6.200 Euro mussten eingezahlt werden). Der wichtigste Vorteil war das veränderliche Kapital. Somit konnten der Genossenschaft Teilhaber einfach beitreten oder aus ihr austreten.
Die neue Genossenschaftsform
Im Gesetzbuch findet sich nur noch die eG wieder. Die frühere Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung ist aus dem Gesetzbuch verschwunden. Nur die Genossenschaft mit beschränkter Haftung bleibt bestehen und wird ganz einfach zu einer eG (eingetragene Genossenschaft). Im Gesetzbuch steht deutlich, dass diese Gesellschaftsform allein für wirkliche genossenschaftliche Kooperationsverbände offen steht.
Es ist die Rede von einem echten Kooperationsverband, wenn die eG gegründet wurde, um dem Bedarf der Teilhaber gerecht zu werden bzw. um die Entwicklung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten zu fördern. Die eG kann nicht mehr gegründet werden, wenn ihr Gesellschaftszweck sich auf den Gewinn zugunsten der Teilhaber beschränkt.
Alt, neu und dazwischen
Die eG, die nach dem 1. Mai 2019 gegründet wurden, müssen natürlich die neuen Bestimmungen erfüllen. Ein Freiberufler kann seit 1. Mai 2019 keine eG mehr zwecks Ausübung seines Berufes gründen.
Früher gegründete Genossenschaften bleiben weiter bestehen, doch gibt es drei wichtige Zeiträume bezüglich des Inkrafttretens des neuen Körperschaftsgesetzbuches.
Es gibt in erster Instanz die Frist vom 1. Mai 2019 bis 31. Dezember 2019. In dieser Zeit kann die Gesellschaft beschließen, die Struktur laut neuem Recht zu wählen (Opt in).
Am 1. Januar 2020 wirken sich einige Bestimmungen des Gesetzbuches auch auf bestehende Gesellschaften aus. Es sind alle zwingenden Bestimmungen des Rechtes. Wenn Ihre Statuten nichts vorsehen oder eine Regel enthalten, die im Widerspruch zum neuen Gesetzbuch stehen, werden Ihre Statuten diesbezüglich als ungeschrieben betrachtet. Auch Ergänzungsbestimmungen finden Anwendung, aber lediglich in dem Maße wie Ihre Statuten nicht von ihnen abweichen. Seit 1. Januar 2020 sind Sie ferner verpflichtet, Ihre Statuten der neuen Gesetzgebung anzupassen, wenn Sie zum ersten Mal Ihre Statuten (aus anderen Gründen) anpassen müssen.
1. Januar 2024 ist schließlich die letzte Frist für die Anpassung der Gesellschaft an die neue Gesetzgebung.
In Beantwortung einer parlamentarischen Frage sagte der Minister, dass es nicht der Zweck sei, dass berufliche Gesellschaften noch die Genossenschaftsform benutzen. Die GmbH ist eine Rechtsform, die flexibel genug ist, um das gleiche Ziel wie mit der früheren Genossenschaft mit beschränkter Haftung zu erreichen.
Wenn Sie heute eine eG haben, dürfen Sie diese bis 31. Dezember 2023 fortsetzen, wobei am 1. Januar 2020 eine Reihe zwingender Bestimmungen in Kraft treten und Sie im Rahmen einer Statutenänderung zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Dezember 2023 die Statuten vollständig gesetzeskonform gestalten müssen.
Wenn die Gesellschaftsform am 1. Januar 2024 noch nicht angepasst wurde, wird die eG ab dem Datum von Rechts wegen in eine GmbH umgewandelt.
Zwingende Bestimmungen
Für Ihre bestehende Freiberuflergenossenschaft müssen seit 1. Januar 2020 die folgenden zwingenden Bestimmungen beachtet werden (dieselben zwingenden Bestimmungen gelten auch für die GmbH):
Ihre Genossenschaft hat kein Gesellschaftskapital mehr. Wie bei der GmbH werden das eingezahlte Gesellschaftskapital und die gesetzlichen Rücklagen in ein satzungsgemäß nicht verfügbares Eigenvermögenskonto umgewandelt.
Die neuen Regeln für die Leitung von Rechtspersonen und die dazugehörige Verantwortlichkeit laut dem neuen Gesetzbuch finden Anwendung. Seit 1. Januar 2020 kann eine natürliche Person in einer Gesellschaft nicht zugleich in eigenem Namen Geschäftsführer sein und anschließend noch im Namen eines Geschäftsführers in Rechtsperson.
Die Regeln bezüglich der Beratung, Nichtigkeit und des Aufschubs von Beschlüssen der Organe laut Gesetzbuch sind ebenfalls zwingend.
Auch die Regeln zu (Gewinn)ausschüttungen und zum Alarmverfahren, die für GmbH gelten, sind rechtlich verbindlich und müssen von Ihrer Genossenschaft beachtet und eingehalten werden.
Nichtigkeit erst ab 1. Januar 2024
Die eG ohne genossenschaftliches Ziel, sondern mit nur einem Gewinnzweck, kann grundsätzlich auf die Anfrage eines Teilhabers bzw. jedem betroffenen Dritten oder unmittelbar seitens der Staatsanwaltschaft aufgelöst werden.
Laut der Antwort des Ministers ist es deutlich, dass dies erst ab dem 1. Januar 2024 möglich sein wird, und zwar dahingehend, dass die Gesellschaft, die Teilhaber und die Geschäftsführer die zwingenden Bestimmungen der GmbH einhalten.